Friesisch – Rüm hart – klaar Spraak Sölring
Sprache des reinen Herzens mit Klang nach weitem Horizont
Von Sven Lappoehn
弗里西亚 [弗里西亞 Das heißt Friesland. Kommt Ihnen spanisch vor? Wir nennen sowas chinesisch. Das ist falsch. Es ist Mandarin. Ich hoffe, Sie sind jetzt richtig verwirrt, möchte ich Ihnen doch, nein, nicht Mandarin, ich möchte Ihnen friesisch beibringen, genau gesagt: Sölring. Sölring…, wat es dit? Vielleicht doch bei der Sendung mit der Maus anrufen? Hm. Sölring war mal die Sprache einer Welt, nämlich der gesamten Sylter, der Sölringer. Ist die nicht auch Ihr Lieblingsuniversum? Vom Ellenbogen bis zur Südspitze, von Muasem bis Weesterlön. Jetzt haben Sie schon vier Worte Sylt-Friesisch – Sölring – und zwei friesische Ortsnamen gelernt. Rocht gur! Sehr gut! Schon wieder zwei Worte syltringische Idioms.
Macht Spaß, oder? En oogenblek, kum wat naier. Wir duzen hier. Das mit dem oogenblek übersetzen wir jetzt nicht. Näher kommen und mitmachen müssen Sie aber schon. Müssen? Und wieso sagt der erst „ich“ und jetzt: „wir“, denken Sie wohl gerade? Wü mut nönt! Und Juu müssen schon gar nichts tun. Aber wü, die Söl’ring Foriining, maat, dat juu Sölring snaki. Jetzt kennen Sie schon mehr Friesisch als Chinesisch, wetten? Pardon, Mandarin.
Auch wenn Sie noch nicht alles übersetzen konnten: Wir möchten Ihnen Appetit machen, auf mehr Sölring, Sylt-Friesisch also. Das schmeckt, ist doch klar, nach …Meer. Das Friesische ist, wir werden jetzt mal wissenschaftlich, kein plattdeutscher Dialekt, sondern eine eigenständige, westgermanische Sprache. Sie wird nicht nur auf Sylt, sondern auf Föhr, Amrum, Helgoland, den Halligen und auf dem Festland in der Wiedingharde, Bökingharde und Goesharde gesprochen.
Das Friesische selbst ist nicht einheitlich. Es wird in jedem dieser Gebiete anders gesprochen. Sölring zum Beispiel nur auf Sylt. Nebenbei: Friesen gibt es seit taudüüsent jaar. Mindestens.
En Jungenspöl auch für Mädchen
Friesisch ist kinderleicht. Ein Kinder-spöl sozusagen. Wenn man ein Kind ist. Gur, hier habe ich Sie absichtlich in die Irre geführt: Eine Sprache zu lernen ist für Kinder immer Jungenspöl (Jungen sen Dreng (Jungen) en Faamen (Mädchen). Zwei Sprachen gleichzeitig zu lernen, das ist gerade für Kinder (noch) Spiel. Nachgewiesenermaßen. In Kindergärten, in denen sie mit Hochdeutsch en Fraasch aufwachsen, kommt Bedeutendes hinzu: Diese Doppelsprachfähigkeit fördert die Intelligenz. Als zweite Sprache könnte sogar Latein herhalten. Oder Mandarin.
Friesland und friesisch, das aber ist… jir! Jir es Heimat! Sölring ist jir überall zu sehen, zu lesen; es wird von manchen noch gesprochen. Die Kinder finden sich in zwei Sprachen wieder – und sie finden auch dadurch zu sich selbst. Egal, ob Eltern, Großeltern, ob irgendwer oder niemand in der Familie Sölring spricht: Friesisch ist eine Sprache, die stark mit engelsk verwandt ist und bereitet deshalb im Kindergarten schon auf die Weltsprache der Großen bestens vor. Wie leicht das geht, nicht nur für Jungen, zeigt jir ein kleiner Sölring-Kurs. Vorsicht! Nicht alles ist jugendfrei. Aber wir beginnen leicht, mit Ortsnamen.
An der Nösse herumgeführt
Ārichsem, ist wo? Richtig, zwischen Kairem en Muasem: Gegen Sturmfluten sind bis heute in richsem einige Häuser auf Warften gewappnet. Kairem war, der Kalauer sei gestattet, Wahlheimat der Sölringer Walfahrer. Muasem wiederum – das ist Ruhe pur, und bei Geologen tatsächlich berühmt: Sein Kliff ist weltweit einzigartig. Munkmērsk war für den Verkehr bis 1927 fast noch wichtiger als die Nösse bei Muasem heute: In Munkmērsk legten die Schiffe an, von Hoyerschleuse (auf dem Festland) kommend. Weesterlön, von den Toten Hosen in einer seltsamen Sprache besungen, ist der größte Ort(steil) von Söl. Sie können noch folgen? Woningstair en Brērerep sind… wie unglücklich-glücklich Verheiratete; in Brērerep finden Sie das weniger bekannte Weiße Kliff, das heute überwiegend grün ist.
Dafür ist das grüne Kliff in Kairem wirklich grün. In Woningstair entdecken Sie bitte den mehr als 5.000 Jahre alten Denghoog. Kaamp bietet auf Söl einen der schönsten Zwei-Meeresblicke; manche meinen, in Kaamp könne man noch die Glocken des Sērkspöl von Rungholt hören. Klapholtdääl hingegen ist wie Knäckebrot: Lecker, bekömmlich und gut für die Seele. List ist List und bleibt List, nur sagt der Sölringer oft „auf“ List, nicht in List, denn er meint das Listland.
List ist übrigens nicht nur die nördlichste deutsche Gemeinde. List ist die wunderbare Verbindung von Wanderdünen, Schlickwatt, Austernzucht, Blidselbucht, dem Königshafen, der unergründlichen Schönheit des Ellenbogens und last and least der Ursprung einer Institution genannt „Gosch“. Hörnum ist Hörnem und sonniger Süden, Tinnum ist Tinem: früher mit Wikingern, heute „nur“ noch mit deren Schutzwall, der Tinnumburg. Raantem ist wieder ein friesischer Name und Ort der einzigen Reet gedeckten, Licht durchfluteten Kirche der Insel. Das waren alle Sylter Gemeindenamen. Sieht man mal von der noch jungen Gemeinde „Sylt“ ab, zu aber viele der oben aufgeführten nun zählen.
Friesischer Countdown zur großen Angeberei
Kleine Pause gefällig? Bitteschön.
Danach gehen wir mit Ihnen, Vorsicht, in den Teil der Lektion über, mit dem Sie auf der Insel angeben können. Als Einstimmung und Zahlenrätsel der friesische Count Down: Jen. Tau. Trii. Fjuur. Fif. Soks. Soowen. Aacht. Niigen. Tiin. Aber bitte rückwärts und laut zählen. Ganz so einfach wollen wir es Ihnen nämlich nicht machen. Hinterher dürfen Sie sich natürlich en geele Köm gönnen! Den haben Sie sich verdient.
Nun zur „Angeberei“. Wenn die Biike naht, punkten Sie mit Sölring sicher – und kalt wird es wohl sein. Vielleicht entspinnt sich ja der ein oder andere Dialog, so wie hier: „Mi es dach wat kuul – mut ik wat naier kum“? „Ja sicher, kommen Sie ruhig näher, da wird es Ihnen wärmer; Sölring sprechen Sie ja nun schon ganz gut. Meinen Sie nicht auch: Desjir Biiki es di dailkst üp Söl? Oh, pardon, ik haa di me min Stokleecht önbronen. Mut ik di tö en Puns iinnöörigi?“ „Die Luft an der See im Februar, das macht schon ordentlich Hunger: Jenmol Greenkual me ales, wiis sa gur.“ „Di Greenkual wiar aurdimaaten gur – hur es jir di Hüsji?“ „Also, ich muss sagen: Sie trauen sich wirklich was. Wer das auf Sölring sagt, der gehört ja fast schon zu uns.“ Ach so, Sie haben mich doch noch nicht verstanden? Öntskiljigi, Entschuldigung! Vielleicht schauen Sie mal ins PS…
Wie Sie noch besser werden
Nun, Appetit auf Meer und mehr Sölring bekommen? Manches verstanden, einiges geraten, vieles geahnt? Wenn Sie noch besser werden wollen, kum naier: Weitere Informationen gibt es hier: Söl’ring Foriining, Am Kliff 19 a, 25980 Sylt/Keitum, info@soelring-foriining.de Faarwel nun. Auf Wiedersehen. Nehmen Sie das wörtlich, bitte. Hentö bal, fuul Formaak. Kenst dü mi Forstuun? Oder ist das hier für Sie noch immer… 弗里西亚 [弗里西亞 ohne Sölring?
Nachschrift…
…für alle, die oben schon zu viel Köm intus hatten… „Mi es dach wat kuul – mut ik wat naier kum“? (Mir ist doch etwas kalt. Darf ich näher an Sie heranrücken?) „Ja sicher, kommen Sie ruhig näher, da wird es Ihnen wärmer; Sölring sprechen Sie ja nun schon ganz gut. Meinen Sie nicht auch: Desjir Biiki es di dailkst üp Söl? Oh, pardon, ik haa di me min Stokleecht önbronen. Mut ik di tö en Puns iinnöörigi?“ (Diese Biike ist die Schönste auf Sylt. Entschuldigung, ich habe Sie leider mit meiner Fackel angekokelt. Darf ich Sie auf einen Punsch einladen?
„Vorsicht, bitte keine Anmache, obwohl…es dits Klookst, wat ik sent lung Tir jert haa.“ (das ist das Klügste, das ich seit langem gehört habe.) „Die Luft an der See im Februar, das macht schon ordentlich Hunger: Jenmol Greenkual me ales, wiis sa gur.“„Di Greenkual wiar aurdimaaten gur – hur es jir di Hüsji?“ (Einmal Grünkohl mit allem, bitte. Der Grünkohl war sehr lecker – wo geht es hier aufs Klo?)